Richie Seidl, wie wird sich Softwaretesten durch KI verändern?

Richard – Richie – Seidl ist Berater, Speaker und Podcast-Host. Er hat in seiner beruflichen Laufbahn schon viel Software gesehen: gute und schlechte, große und kleine, neue und alte. Software so schön, dass man weinen könnte und auch solche, bei der sich die Fußnägel aufrollen. Für ihn ist klar: Wer heute exzellente Software kreieren möchte, denkt den Entwicklungsprozess ganzheitlich: Menschen, Kontext, Methoden und Tools – erst wenn alles zusammenspielt, entsteht ein Mindset für Potentialentfaltung und Innovation.

Er ist gefragter Keynote-Speaker auf internationalen Konferenzen und Tagungen, hat seine Erfahrungen in acht Fachbüchern veröffentlicht und betreibt erfolgreich einen Community-Podcast über Software Testing.

https://www.richard-seidl.com
https://www.software-testing.fm

Wo stehen wir heute beim Testen mit KI?

KI ist heute bereits ein wichtiger Faktor im Software-Test. Wir sehen jetzt schon, dass Unit-Testfälle oder generell Testautomatisierungs-Testfälle mit der KI entwickelt werden können – und über einen passenden Prompt-Dialog immer besser werden! Auch für die Testdatenermittlung gibt es immer mehr Anwendungen. Aber viel mehr sehe ich den Faktor auf der Entwicklerseite: ein guter Entwickler kann KI einsetzen, um massiv weiterzukommen, effektiver und besser zu werden. Ein unerfahrener Entwickler kann durch die KI ersetzt werden. Beim Testen sieht das ein bisschen anders aus. Wenn die KI das Testen übernimmt, haben wir heute ein Vertrauensproblem. Wir glauben der KI noch nicht, ein Mensch muss das Ergebnis noch einmal überprüfen. Ich selbst würde mich nicht in ein Auto setzen, dass nur von einer KI getestet wurde. Da haben wir auf der Testseite „noch“ ein Ass im Ärmel, weil wir hier den menschlichen Faktor einfach brauchen. Aber das wird sich ändern.

Wie wird KI Softwaretesten in den kommenden fünf Jahren verändern?

Ich glaube, die wesentlichste Entwicklung werden wir in der Testautomatisierung sehen. Die automatisierten Testfälle werden eine Riesen-Intelligenz bekommen, das heißt dass Pfade durch die Software anhand von Informationen auch automatisch getestet werden können, dazu werden die passenden Daten generiert. Und auch bei der Analyse von Fehlerursachen wird die KI die Suche übernehmen, sie wird die Logfiles, Datenbanken etc. durchforsten und liefert mir dann in kurzer Zeit das Ergebnis, wo das Problem ist – und behebt es vielleicht gleich auch. Hier werden wir einen sehr großen Boost sehen an Tools und an Möglichkeiten. Auch in früheren Testaktivitäten, statischer Analyse, Code Checks, bessere Architekturen – da steckt in den nächsten 5 Jahren viel Potential für Qualitätsverbesserung.

Welche Skills benötigen Testerinnen und Tester dafür?

Der Crossover-Trend wird sich weiter verstärken: Entwickler bekommen immer mehr Tester-Skills an die Hand und Tester immer mehr Entwickler-Skills. Es wächst zusammen, was zusammengehört. Und dazu zählt natürlich auch KI. Neben diesen Skills wird der Tester viel mehr noch die Kompetenz haben müssen, entscheiden zu können, welche Tests es wirklich braucht. Das liegt an der Masse, die automatisiert werden könnte. Tester müssen entscheiden, wie und was im Entwicklungsprozess getestet. Was statische Analyse und Reviews bringen. Wo das Risiko groß ist. Das braucht Erfahrungswissen, das Wissen um das Big Picture und Intuition. Bezogen auf die KI wird ein Tester zukünftig sinnvoll prompten können müssen. Wer die KI sicher und richtig bedienen kann, kann unheimlich von ihr profitieren.

Wird es die Rolle des Testens in 10 Jahren noch geben?

Da geb ich mal ein klares Jein. Ich glaube, den klassischen „Tester“ wird es so nicht mehr geben. Stattdessen werden wir Quality Engineers und Quality Assistance haben, also Leute die Tester Skills haben und diesen Blick mit reinbringen und auch hands-on umsetzen können. Und diese Rolle des „Qualitätsbegleiters“ umfasst mehr als nur das Testen.

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